Es ist 5.14 Uhr, ich bin gerade aufgewacht und habe durch Zufall eine Nachricht auf meinem Telefon entdeckt. Sie kam heute Nacht gegen...
Man könnte meinen, man könnte sagen oder man könnte tun. Ich würde gerne sein oder wäre es nicht schön wenn? Ich komme damit klar, nicht immer, aber wer ist schon immer konsequent im damit-klar-kommen. Wir lieben uns – ich und der Konjunktiv. Er wird laut Wikipedia nicht nur zur indirekten Rede verwendet, von der man sagt sie wäre zweideutig aber trotzdem deutlich genug, sondern auch bei der Bedingung verwendet, deren Eintritt unmöglich oder sehr unwahrscheinlich ist. „Ich wollt ich wäre schön genug, dann hätte ich ins Freibad gehen können.“ Ich habe eine eigene Definition des Konjunktivs: Er ist der Futur absurdum, oder die Transformation eines einfachen Verbs in ein Vielleicht-mal-Tun-aber-eher-lieber-nicht-Tun-Wort.
Er stalkt mich, verfolgt und nötigt mich, dieser meist doppelt gepunktete Umlaut. Er macht alles so einfach, so entschuldbar. Ich würde ihn gerne loswerden, aber selbst in diesem wollen hat er sich versteckt. Es erleichtert mich, dass viele Menschen um mich herum auch von ihm geplagt werden. Die einen kommen gut mit ihm klar, den anderen geht es wie mir. Es ist wie der Pickel, den man seit seiner Kindheit nicht mehr losbekommt, hat man ihn mal erfolgreich ausgedrückt, kommt er später wieder und erinnert Dich an all die schlechten Zeiten, in denen ich gewollt mich aber nicht getraut habe. Das lateinische Coniungere bedeutet verbinden. Doch was verbindet er denn, dieser kleine Drecksack, der Münchhausen unter den Modi der Verben. Er gilt als Möglichkeitsform in der deutschen Sprache. In meinem Leben wird er zur Unmöglichkeitsform oder Entschuldigung-für-alles Form.
Heute habe ich aber beschlossen, ihn aus meinem Wortschatz zu streichen, ihn für immer zu eliminieren. Ich greife mein Leben ab jetzt am Schopfe und lebe es, wie ich es mir vorgestellt habe, wild, erlebnisreich und erfolgreich. Und siehe da, ich habe doch noch eine Verwendung für den Konjunktiv gefunden, mit der ich ihn sogar in eine Sehrwahrscheinlichkeitsform verwandle. Dazu setze ich mich auf mein Sofa, lege die Füße hoch und sage zu meiner Freundin: „Schatz, haben wir noch ein Bier im Kühlschrank? Wenn ja, dann würde ich gerne noch eines trinken.“ Und siehe da, es funktioniert. Das kühle Bier streichelt meinen Gaumen. Und jetzt sag noch einer, der Konjunktiv hat nicht auch seine guten Seiten.